Lorenzo Land
Als amtierender Weltmeister der Moto GP, der höchsten Klasse des Motorradsports, in dessen Becken sich nur die besten der Besten tummeln, und allesamt mit irgendwelchen Weltmeistertitel dekoriert sind, muss kein Weltmeister seine Fähigkeiten extra betonen.
Doch gerade in solchen Haifischbecken, in denen nicht nur einer vorherrscht, sondern eine ganze Handvoll nahezu identische Qualitäten besitzen, wird die Unterscheidung - persönlich und sportlich - immer mehr von dem ?Wie? beherrscht.
Deshalb lohnt es sich, den amtierenden Weltmeister etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Sportlich gesehen, hat Lorenzo einige fulminante Rennen gezeigt, die seine, mittlerweile ausgereiften, Fähigkeiten am deutlichsten zeigten. Hartnäckig bleiben auf höchstem Niveau - so wie in Jerez und Valencia - als das erste Drittel des GP eher einen Platz hinter den Top 5 signalisierte, und der Drang nach vorne höchstens im Glanz eines Highsiders vermutet wurde. Viel zu oft zeigen Piloten den umgekehrten Weg. Nämlich die ersten 2/3 zu triumphieren, um dann im letzten Drittel einzubrechen. So gesehen hat sich Lorenzo in seiner sportlichen Entwicklung stetig in der sauerstoffarmen Todeszone der letzten 5 Runden verbessert, in der nur die Allerbesten überleben. Die Zukunft wird zeigen, wie sich die Kräfteverhältnisse in der ?Todeszone? weiterhin gestalten.
Kenny Roberts sen. meint dazu: ?Lorenzo ist mehr von der Verbissenheit als vom Talent geprägt. Klar, er ist sehr begabt. Trotzdem ist er nicht der talentierteste Fahrer, den ich je gesehen habe. Sein Ehrgeiz und seine Entschlossenheit erinnern mich an Eddie Lawson. Jorge macht sich viele Gedanken und arbeitet eifrig daran, sich weiter zu verbessern. Aber es ist sehr fraglich, ob er mehr Naturtalent hat als Valentino Rossi.? Zitat Ende
Diese Verbissenheit spiegelt sich auch neben dem Motorrad wieder. Und zwar in einer Zone, die nicht weniger heikel ist als die ?Todeszone? der letzten 5 Runden, und die nicht allein den sportlichen Erfolg bewertet, sondern die auch von der persönlichen Aura, dem Charisma des Gewinners beeinflusst wird. Hier hat Lorenzo einen übermächtigen Gegner, den er allein mit Verbissenheit und Ergeiz nicht besiegen kann.
Am wenigsten gelingt ihm das aber, wenn er versucht dieses Charisma zu kopieren, was ungefähr so gut gelingt wie ein Fahrwerk der Z1000 Bj.1977, mit einer R1 Verkleidung zu verbessern.
Wenn er in dieser ?Zone? genauso schnell lernt wie auf der Strecke, steht seiner Zukunft als Superstar in der Moto GP nichts im Wege. Kein Mensch verlangt von ihm, seine blasse Aura mit Rossis farbigen Stempel zu ummanteln.
Er muss nur gewinnen, und seine Verbissenheit in solche grandiose Rennen wie Jerez und Valencia ummünzen. Der Rest kommt von alleine. Egal wie er sich darstellt. Als Kopie taugt er nicht zum Superstar. Das ist sicher.
Kenny Robert sen. weiter: ?Lorenzo hat die Herausforderung angenommen, Rossi in die Schranken zu weisen, und hat ihm einiges abgeschaut. Doch Valentino wird darauf reagieren und neue Tricks ausgraben. Er gehört zu den Größten aller Zeiten und wird 2011 nicht leicht zu besiegen sein. Doch Jorge hat ihn schon einmal entthront.? Zitat Ende
Was Kenny nicht sagt, ist der leichte Makel der nicht Anwesenheit von Rossi. Weshalb es zwar nichts an dem WM Titel zu rütteln gibt, aber die Frage um das ?Wie? nicht ganz wegwischen kann.
Wie anders ist zu erklären, warum - wie in der aktuellen Speedweek unter ?Spanischem Thronfolger? zu lesen - Nicky Hayden ein ?Zahlen lügen nicht? an die Kombi nähen ließ, oder Lorenzo stereotypisch seine GP in Jerez, Le Mans etc. erklären muss, um die ?Würde? des Weltmeister hervorzuheben.
Als Stoner Weltmeister wurde, hat sich damit niemand beschäftigen müssen, weil
er den Anwesenden Rossi in Kombination Yamaha/Michelin eindeutig im Griff hatte.
Hätte Rossi die halbe Saison gefehlt, wäre auch da das ?Wie? nicht wirklich vergessen worden.
Lorenzo hat aber durchaus die Möglichkeit, mit seiner eigenen, verbissenen Note und auf dem ?eigenen? Motorrad, weiterhin seine Extraklasse zu zeigen.
Die Ikone Rossi wird er nie besiegen.
Aber er wird vielleicht wie Lawson, als grandioser Rennfahrer in Erinnerung bleiben, der seine uncharmante Art, mit sportlichen Erfolgen und der Treue zu sich selbst, zur Nebensache degradierte.