Nun also Argentinien, ohne P.Espagaro, E.Bastianini, M.Marquez und M.Oliveira. Das ging ja schnell.
Aber es kann passieren. So ist das nun mal in einer hochriskanten Sportart, bei der in einer entscheidenden Millisekunde die Bestzeit, ein Überholmanöver, oder der Abflug eingeleitet werden kann. Bei so einem Abflug kann auch wieder alles Mögliche passieren. Von einer harmlos abgeschürften Lederkombi, inklusive Mehrarbeit für die Mechaniker, bis zur einschneidenden Verletzung mit möglicher Fremdschädigung. Alles drin. Immer! Bei jedem Test, jedem Training und natürlich bei jedem Rennen. Das ist nun mal das Risiko bei einem Motorradrennen! Und jeder weiß das!
Und egal, wie viele und wie großräumige Auslaufzonen es gäbe, solange sich ca.25 Fahrer in der Gruppe um das gleiche bemühen, nämlich als erster durchs Ziel zu kommen, wird es immer zu falscher Risikoeinschätzung und fehlender Vernunft kommen. Einfach, weil die eine „falsche“ Risikoeinschätzung, ein anderes Mal vielleicht schon „richtig“ war und mit Vernunft alleine, könnten manch entscheidenden Aktionen gar nicht erst gemacht werden. Oder anders gefragt, wieviel Vernunft braucht es, um überhaupt keine Rennen zu fahren.
Man trifft eine Entscheidung, aber man weiß nie, ob sie richtig oder falsch ist. Deshalb wird sich auch Marc niemals ändern. Er hatte zu viele brenzlige, ja wirklich haarsträubende Aktionen, die ihn am Ende zu Siegen und WM Titel brachten. Er hat teilweise physikalischen Gesetzen seine eigenen Limits aufgezwungen. Mit Erfolg. Er wird nicht so einfach wegen ein paar Aktionen, die vielleicht nicht so gut gelaufen sind, von der Hybris abrücken, die ihm so viel Erfolg brachte. Aber im Umfeld ändert sich was. Seine Verletzungen hängen an ihm. Die Leichtigkeit ist weg. Die Fehltritte, mit Konsequenzen, verwässern auch noch die durch Verletzung und Technik spärlicher werdenden Erfolge. Das Pendel schlägt um. Wahrscheinlich kann ihn nur die Physik endgültig stoppen.
Wir sehen in jedem Jahr, in allen Klassen, haarsträubende Manöver, die meist, nicht immer, harmlos enden und andere, oft harmlose Manöver, die zu veritable Schäden an Mensch und Maschinen führen.
Das Risiko wurde in früheren Zeiten meist durch unterschiedliche Technik, unterschiedliche Reifenfabrikate und natürlich die unterschiedlichen Fahrer verdünnt. Dies hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Die Technik hat sich weiterentwickelt. Die Reifen haben sich dem angepasst. Und wie bei jeder technischen Verbesserung, kommt irgendwann der Punkt, an dem der Nutzer dieser Technik, für den sie ja entwickelt wurde, an seine Grenzen kommt.
Einfach gesagt, ein Zweirad mit 1000PS unterm Tank und Reifen, die diese Leistung auf den Boden bringen, wäre vielleicht technisch möglich. Aber ich bezweifle, dass es irgendeinen Menschen geben könnte, der diese Leistung auch nur annähernd beherrschen würde. Es gibt also eine Grenze der menschlichen Beherrschbarkeit von möglicher Technik.
Im Moment schauen wir diesem immer schmaler werdenden Grad zu, der anfängt so scharf zu werden, dass er der Reihe nach die Fahrer aufschlitzt. Aber nicht nur die Technik ist das „Übel“. Vielmehr zeigt sich immer deutlicher, dass die Leistungsdichte bei Technik und Fahrer, den Spielraum für kleine Schwächen, beim Setup, dem technischen Grundkonzept, oder einer kleinen menschlichen Schwäche, fast eliminiert hat.
Das bedeutet, dass man nach einem schlechten Quali schon recht weit von der reellen Chance entfernt ist, um vom Startplatz ab der dritten Reihe, während des Rennens, noch nach vorne zu kommen. Wenn die Dichte so hoch ist, dass fast alle in der gleichen zehntel Sekunde ihre Kreise drehen, ist auch das Überholen nicht ganz so einfach, zumal die aerodynamischen Windschatten Effekte auch noch ihren Teil dazu beitragen.
Und nun wurde auch noch ein „All in“ Sprintrennen dazu genommen, bei dem die Motorleistung das volle Programm raushauen kann, ohne auf den Sprit zu achten. Die Reifen auf maximalen Grip, nicht auf volle Renndistanz ausgesucht werden können und die Fahrer, so sah es wenigstens aus, sich nicht den Hauch eines kleinsten Patzers leisten konnten um nicht sofort im Nirwana der hinteren Ränge zu verschwinden. Wie sagte JackAss? Sprintrennen ist 12-mal Qualirunde. Dass zieht Körner, würde der Radrennfahrer sagen. Vor allem Mental.
Dann das Hauptrennen am Sonntag. Vor beiden Rennen der übliche Spektakel drum herum, das mittlerweile auch als harte Arbeit betrachtet werden muss. Für die Fahrer bestimmt kein Zuckerschlecken mehr. Trainings verkürzt, dafür Presse, Interviews, Fotos, Soziale Medien und letztlich der Crewchief usw verdoppelt. Prost Mahlzeit.
Also, kurz gesagt - für die Show ist bestimmt alles ok.
Für die Zuschauer auch.
Für die Fahrer kann ich mir das nicht vorstellen.
Es wird sich zeigen, wie weit es sich einspielt und welche Kollateralschäden noch so zum Vorschein kommen.
Pecco scheint im Moment der einzige zu sein, dessen Grinsen nicht wie eingefroren wirkt.