Na ja, Schwamm drüber.
Dieses Jahr ist, wie das letzte, total vergeigt. Ob Rossi nun doch noch als Vize beendet, macht den Bock auch nicht mehr fett.
Es birgt sogar eher die Gefahr, dass vielleicht einige wichtige Yamaha Entscheider, die vorhandenen, technischen Probleme, verklären.
Und Sepang und Valencia sind nicht unbedingt die Strecken, bei denen Rossi deutlich Punkte von Dovi absaugen könnte.
Apropos Sepang?(ich komme da immer wieder gerne drauf zurück? )
Am Samstag sah ich zufällig bei Servus TV eine Doku über Rossi und Marquez. War nirgends angekündigt, auch nicht im Programm. Die Doku wurde von Hofmann moderiert, und war wirklich ein Genuss. Super gemacht. Die Karrieren der wohl hochkarätigsten, aktiven Fahrer, nochmal so deutlich, und auch im Rückblick, zu verfolgen, war erste Sahne.
Natürlich wurde auch das heikle Thema ?Sepang Clash? angeschnitten.
Gustl Auinger meinte ganz staatstragend, dass in der Außen Wahrnehmung der Motorrad Rennsport Idylle, etwas gehörig zerbrochen worden wäre. Das mag schon teilweise so stimmen. Aber, obwohl ich Auingers Kommentare meistens sehr schätze, halte ich das doch für etwas zu flach und zu pauschal. Es mag vielleicht stimmen, dass der Großteil der Zuschauer, sich ganz romantisch, ein harmonisches Geplänkel unter Freunden vorstellen will.
Die nun deshalb vielleicht ?total voll sauer? sind, weil sich die zwei größten Motorrad Athleten der Gegenwart, nach einer relativ offensichtlichen ?Revierverteidigung?, wie dem Anpissen des Alphatieres mit kleinen Wadenbissen, nicht fröhlich in den Armen lagen, und sich gegenseitig die Lefzen sauber leckten. Sei?s drum?
Rossi bekam bei der Antwort immer dunklere Augen. Man sah ihm förmlich den Ärger ins Gesicht steigen, als er in kurzen Sätzen wiederholte, was jeder sehen konnte. ?Marquez wollte seinen 10ten Titel verhindern. Er war schneller, aber ist ihm die ganze Zeit vor der Nase herumgetanzt. Ok, irgendwann musste er ihm eins überziehen, um selbst nicht das Gesicht zu verlieren.? So ungefähr die Aussage.
Marquez dagegen betonte eher, dass er über die Wirkung des Publikums danach überrascht war. Also, dass es so viele Emotionen hervorgerufen hätte. Und einige, die ihm immer positiv gesonnen waren, seien danach wohl auch nicht mehr ganz so, oder gar nicht mehr, positiv gesonnen gewesen. Welch Wunder. Also irgendwie ist das alles eben ein bisschen, wie beim Rennfahren üblich, ausgeufert, aber halb so schlimm?usw.
Jedenfalls war mir nach den zwei Antworten der Kontrahenten wieder klar, warum ich Rossi als Mensch und Fahrer so mag, und Marquez ?nur? wegen seiner absolut herausragenden Fahrkünsten schätze, ja bewundere und respektiere. Als Mensch und Fahrer, natürlich nur aufs MotoGP Leben bezogen, neige ich eher zur ?Genie grenzt an Wahnsinn? Theorie.
Wobei ich bei Marquez schon ziemlich weit im Gebiet des Wahnsinns bin. Das wurde auch deutlich, als die restlichen Fahrer auf Marquez Einstand in der MotoGP befragt wurden. Aus jeder Aussage war die Perplexität über Marquez kaltblütigen Grenzüberschreitungen, beim Ritt auf der Rasierklinge, zu hören. Er sei mit so einer Wucht, ja ? ich kann?s nicht anders formulieren - so einem Wahnsinn - in die MotoGP eingeschlagen, dass es bis heute noch kein Fahrer richtig einordnen kann.
Das beruhigte mich ungemein, da ich als Zuschauer nämlich genauso zweigeteilt die letzten Marquez Jahre verfolgte.
Einerseits muss man die Fakten zur Kenntnis nehmen, dass Marquez mit diesem ?Wahnsinn? völlig neue Grenzen definiert, die ohne Ihn vielleicht nicht mal annähernd angekratzt worden wären. Man denke nur an die vielen, extremsten Vorderrad Slides, die mittlerweile als fast völlig normal gesehen, und bei einigen Fahrern, und bestimmt auch bei Michelin und den Herstellern, als zumindest teilweise, anzustrebende Fahrweise, aufgenommen wurden.
Gleichzeitig hat man aber auch das Gefühl, dass bei einigen noch eine gewisse Schutzsicherung funktioniert, und die sich ständig fragen, ob bei dem mit allen durchgebrannten Sicherungen agierenden Marquez, nicht doch eher die Fortuna im Nacken eines Wahnsinnigen sitzt, und sollte ihn diese mal aus Langeweile verlassen, das Ganze, vielleicht kurzfristig überdehnbare, grenzreitende, und höchst fragile Kartenhaus, auf seine ?physikalische Normalität? zusammen purzeln wird.
?Physikalische Normalität?, also physikalische Grenzen, sind zwar verlässliche Tatsachen, können aber durch unterschiedliche Komponenten, auch unterschiedlich ausgereizt werden. Einfachstes Beispiel: Mehr Grip ? mehr Schräglage.
Ich will das ?Marquez Syndrom? also nicht negativ sehen, denn es könnte ja durchaus sein, dass durch die Waghalsigkeit eines Marquez, nicht die Grenzen überdehnt, sondern nur ein bisher unbekannter, schmaler Spalt bis zur Grenze, der noch von niemand entdeckt, geschweige denn beackert werden konnte, ausgefüllt wurde. Also könnte Marquez auch als Entdecker einer bis dato noch unbekannten, fahrerischen Komponente kurz vor der Grenze, in die Geschichte eingehen. Why not!!
Und sind wir mal ehrlich: Waren nicht alle großen Entdecker etwas Wahnsinnig?
Das blöde ist halt nur, wenn man sich mit einem ?Wahnsinnigen? den Arbeitsplatz teilt.