#3.. Ist das Bike zu stark - bist du zu schwach

#1 von Ar-one , 06.03.2015 20:28

Nachdem ich von Stuttgart nach Rosenheim gezogen war, um dort 2 Jahre der Technikerschule beizuwohnen, wurde mein Motorradengagement etwas geschmälert. Außer meiner treuen Z1000 vor der Tür, erinnerte nichts mehr an mein altes Motorradleben. Lediglich bei seltenen Kurzbesuchen in der Heimat wurde das alte, schöne Gefühl wieder aufgewärmt. Denn die Fahrt von Rosenheim nach Stuttgart reichte aus, um mir immer wieder klar zu machen: Mein Glück im Leben liegt eindeutig auf dem Rücken zweier Rädern!

Wenn dann auch noch richtig Power am Quirl hinge, und die lästigen Fahrwerksbambelein fest im Griff wären, könnte das Leben unendlich schön sein.

Damals machte sich ja noch keiner tiefgründige Gedanken über Fahrwerke und Reifen.
Die einzige Maxime hieß ?Power?. Und das soviel wie möglich!!
Die wurde am besten verkauft. Jeder dachte auf dem momentanen Nonplusultra zu sitzen. Die Konkurrenz, von Honda bis Suzuki, kämpfte mit den gleichen Fahrwerksschwächen. Findige Tüftler begannen mit stärkeren Schwingen, breiteren Felgen, stärkeren Gabeln und Lenkungsdämpfern zu experimentieren. Mit mäßigem Erfolg.
Breitere Felgen sahen zwar besser aus, brachten aber nur etwas mehr Stabilität in Verbindung mit noch besseren Federbeinchen.
Alles in allem nur Kosmetik.

Das Grundübel blieb bestehen. Die Hersteller bauten nur soviel Motorrad, wie zum Verkauf unbedingt nötig war. Und da zogen lange Zeit nur die PS Angaben. Fahrwerk interessierte die wenigsten.
Ist das Bike zu stark - bist du zu schwach!
Das änderte sich erst, als die Hersteller von den Versicherungen so zu sagen zu einer Selbstbeschränkung der Motorenstärke gezwungen wurden. Ab da mussten sich die Hersteller ein zusätzliches Verkaufsargument zusammenbasteln. Gott sei Dank kann ich nur sagen.
Nicht auszudenken wenn das so weitergegangen wäre.
Das am meisten groteske Bike in diesem reinen Motorleistungswahn war in meinen Augen die Honda CBX 1000 mit 6Zylinder Reihenmotor. Sah geil aus, Sound Hammerhart. Aber die Diskrepanz zwischen Riesenmotor und jämmerlich dünnem Fahrwerk, nebst Reifen, sah selbst der Einäugig Blinde.
Die Zeit war reif für etwas mehr ?Motorrad im Ganzen?.

Angelehnt an den Grand Prix Sport, wurden die Urväter der moderneren Motorradtechnik geboren. Suzuki GSX-R, RG500, Yamaha RD500, FZR Genesis, Honda RC30, NS400.
Bei Kawasaki sah es erstmal nicht so rosig aus.

Irgendwie fühlte meine alte, treue Z1000, dass ein Paradigmenwechsel in der Luft lag, bei dem sie nicht mehr die tragende Rolle spielen konnte.

Um mir den Schmerz der Trennung zu ersparen, machte sie brav das, was jedes gut Pferd macht, wenn es den Besitzer mehr liebt als sich selbst.
Es bricht während dem Ritt tot zusammen. Genauso machte es meine liebe, treue, alte Kawa.

Sie trug mich noch tapfer bis Neu-Ulm, bevor sie mit Öl schäumend ihren Tod ankündigte.
Ich gönnte ihr eine letzte Pause, redete ihr mit 2 Liter Frischöl gut zu, und wir meisterten gemeinsam die letzten Kilometer bis vor meine Garage.
Ich werde sie nie Vergessen. Hat sie mir doch gezeigt wie schön das Motorradleben sein kann. Sie war immer treu an meiner Seite. Hätte sie nicht diese merkwürdige Allergie gegen H4 Birnen gehabt, ich hätte sie auf meiner Hero-Liste, auf einen höheren Sockel gestellt.


"Serious sport has nothing to do with fair play. It is bound up with hatred, jealousy, boastfulness, disregard of all rules and sadistic pleasure in witnessing violence: in other words it is war minus the shooting."

 
Ar-one
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