Ich denke, der Dauerlächler wird eine ernste Konkurrenz für alle Sitze der Semi Werksfahrer.
Das Problem wird sein, dass er Spanier ist. Davon gibt es im Moment zu viele in den Werks und Semiwerksställen. Aber noch ein paar so Aktionen wie in Assen, und die Fahrerpolitik muss hinten anstehen. Schnelle Fahrer, die das Potenzial nach ganz vorne zeigen, finden immer einen Weg.
Der schlechteste Weg für ihn wäre aber mit Sicherheit Suzuki. Dort wäre sein Potenzial, mitsamt seiner Möglichkeit, Semi oder Werksmaschine von richtig guten Herstellern wie Honda oder Yamaha zu bekommen, innerhalb zweier Jahre verraucht. Also, ich denke, im Moment ist sein bester Zeitpunkt um in ein richtig gutes Team zu kommen. Aber, wie gesagt, die Politik hat immer auch ein Wörtchen mitzureden. Sonst wäre Bradl wahrscheinlich schon letztes Jahr aussortiert worden.
Der hat nun ein echtes Kopfproblem. Er steht gewaltig unter Erfolgsdruck, und kann nicht liefern. Und er weißt das. Das wird so aber auch nicht besser werden, denn es zeigt sich eben, dass er zwar gut ist, aber eben nicht gut genug. Zumindest für die Ansprüche die Honda stellt. Das scheint er mittlerweile auch selbst zu erkennen, wenn man mal so diverse Aussagen von ihm zwischen den Zeilen betrachtet. Es bestätigt sich immer wieder meine These, wonach man den späteren Sieger immer am Start erkennt. Das heißt in der MotoGP, im zweiten Jahr! Und da hat Bradl schon seine Grenzen gezeigt, die sich auch jetzt, im dritten Jahr, bestätigen, oder sogar noch verschlechtert haben. Das beste Jahr war sein Rookie Jahr.
Bei Lolli ist es auch ein Kopfproblem. Allerdings von einer anderen Sorte. Ich halte sehr viel von ihm als Fahrer. Und ich denke, seine Charakterstärke die er in den letzten zwei Jahren bei den Rennen gezeigt hat, wird im auch ermöglichen, wieder zu sich selbst zu finden. Das Problem das ich bei ihm sehe, ist vielleicht der mangelnde Wille. Er macht den Eindruck, als ob plötzlich die MotoGP nicht mehr sein Lebensmittelpunkt ist, und er sich auch andere Gedanken über sein Leben macht. Er ist Mehrfachweltmeister, und muss sich diesbezüglich nichts mehr beweisen. Doch nun kommen Gedanken an Verletzungen die man vermeiden will, oder die alten die noch im Hinterkopf stecken. Am Beginn seiner MotoGP im Yamaha Werksteam hat er die gröbsten Schnitzer, und davon gab es einige, vielleicht auch nicht locker weggesteckt. Aber sein Ziel, MotoGP Weltmeister zu werden, hat alles überstrahlt und glattgebügelt. Heute denkt er über seine fast übermenschliche Eskapade von letztem Jahr nach, bei der er vom OP Tisch direkt in die Startaufstellung gesprungen ist, und dabei auch noch eine gute Figur machte. Vielleicht hat das mehr mentale Körner gekostet, als damals rauskam. Vielleicht hat sich das bei ihm aber auch erst in diesem Jahr unbemerkt ins Unterbewusstsein gesetzt, und wirkt sich eben konsequent in bestimmten Situationen aus.
Sicher ist nur eins, ein ehemaliger Weltmeister und Topfahrer, der intensiv anfangt über Verletzungen nachzudenken, hat nicht nur ein Problem, sondern fast schon verloren.
Zusätzlich noch der mentale Schredder namens Marquez, der ihm bestimmt das Rennfahrerleben nicht einfacher macht, bzw. mit seiner inzwischen erreichten Stärke, sein Karriere Knock out werden könnte.
Dagegen hat der Großmeister, der schon die letzten drei Jahre durch das tiefe Tal der Tränen musste, bedeutend bessere, mentale Karten. Erstens, war er in der Zeit soweit weg von einem Titelverteidiger, dass es nach seiner langen Karriere keiner mehr ernsthaft erwartet hätte, während Lolli als Titelfavorit in die Saison startete. Zweitens, hatte Rossi in dieser Ausgangslage keinen Titeldruck, denn Yamaha hat ihn wohl hauptsächlich wegen seiner unglaublichen Popularität eingekauft und nicht weil sie dringend einen WM Kandidat brauchten. Dafür war ja Lolli da. Rossi wusste, dass er weiter fahren und vor allem Spaß haben wollte. Das konnte ihm die Yamaha bieten. Nun ist etwas Zeit vergangen, Rossi hat Spaß, Rossi hat Marquez als seinen Kronprinzen akzeptiert, und Rossi schnuppert in dem befreiten angasen wieder Morgenluft. Zufällig passen alle technische Änderungen in diesem Jahr besser zu seinem Fahrstil, als das bei Lolli der Fall ist. Usw. Usw.
Insgesamt muss man sagen, Rossi hat sein Tränental durchschritten und lässt es einfach unbeschwert weiter krachen. Was ihn bislang als WM Zweiten und einzig bedeutsamen Marquez Bezwinger hochspülte. Zusätzlich hat er sich damit in eine bravouröse Vertragssituation gebracht, was bei Lolli derzeit eher etwas verhaltener aussieht. Da werden sogar die Honda Fritzen vorsorglich gleich nochmal die mögliche Vertragssumme, bei Wechsel zu ihnen, nach unten korrigieren.