Es war einer dieser seltenen Tage. Ein Tag, an dem das Schicksal eine winzige Zeitspanne nutzte, um eine, im Hintergrund jeden Lebens vorhandene Möglichkeit zu realisieren.
Als ob es wieder an der Zeit war, der Menschheit zu zeigen, wie filigran und trügerisch die Sicherheit ist, in der wir uns gelegentlich wiegen.
Müßig, darüber zu grübeln, warum Sic bei diesem Slide über beide Räder, nicht mit der Zentrifugalkraft nach Außen ins sichere Kiesbett geschliffen ist, so wie es in den meisten ähnlichen Situationen geschieht. Sondern, warum war er mit dem rechten Bein und dem Gas-Arm unter dem wegschmierenden Motorrad eingeklemmt blieb, selbst als er schon das linke Bein bis über die Sitzbank spreizte.
Es war vielleicht eine äußerst ungewöhnliche Konstellation, von eingeklemmtem Arm mit dadurch festhängendem Gas, wieder einsetzender Grip, und der unfreiwilligen Schräglage, bei der sein Körper wie eine Stütze zur Straße wirkte. Diese Konstellation zwang die Maschine mit Sic als Anhängsel quer nach rechts über die gesamte Fahrbahn.
Wäre das nicht schon seltsam genug, passierte das ganze genau in dem Moment, als Edwards und Rossi nebeneinander aus der Kurve, genau auf Sics ungeschützte Rückseite trafen.
Ein Rennunfall, der in ähnlicher Weise schon öfters passierte. Nur war meist der eine Sekundenbruchteil davor ausschlaggebend, um ein so ungünstiges Zusammentreffen vielleicht zu verhindern.
Das Quäntchen Glück, das nicht nur Rennfahrer, sondern alle Menschen, das eine oder andere Mal vor Schlimmerem bewahrt, ist nicht berechenbar.
Es existiert. Aber kein Mensch weiß, ob und wann es einem begegnet.
Rennfahrer jonglieren auf Messers Schneide, und jeder von ihnen kennt das Quäntchen Glück als rettenden Streif am risikoreichen Horizont. Sei es im Zweikampf, wenn es um Ruhm und Ehre geht. Oder in Grenzsituationen, bei denen wirklich die kleinsten Nuancen den Unterschied zwischen Ruhm und Tragödie ausmachen. Vielleicht ist dieser Ruhm so kostbar, so Leidenschaftlich, weil die Tragödie immer so nah dabei ist.
Machen wir uns nichts vor. Viele Menschen, besonders Motorradfahrer, beneiden die Rennfahrer, die ihr Hobby, ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnten.
Natürlich fährt der Tod immer mit. Aber tut er das nicht auch bei den ?normalen? Menschen? Wer das nicht glaubt, wiegt sich zu sehr in Sicherheit!
Marco Simoncelli war eine außergewöhnliche Rennfahrerpersönlichkeit - einfach erfrischend anders, polarisierend, und erst am Anfang seiner Karriere in der MotoGP.
Marco starb zu früh. Aber er starb bei etwas, für das er lebte.